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Grundsätzliches

Was Löbel jetzt noch verdient und warum er unserer Demokratie schadet

UPDATE: Dieser Text ist vor dem Rücktritt von Nikolas Löbel entstanden.

Nikolas Löbel MdB (CDU) hat über seine Bundestagsmail-Adresse einen Deal für Schutzmasken zwischen einem Lieferanten aus Baden-Württemberg und zwei Unternehmen in Heidelberg und Mannheim eingefädelt. Dafür hat er 250.000 Euro Provision durch den Lieferanten bekommen.

Soweit, so unanständig. Während in der Krise viele an den Mehrkosten durch Schutzausrüstung, Homeschooling, Stromkosten oder Einkommenseinbrüchen leiden, fand Herr Löbel es „Marktgerecht“ (sic!), dass er sich als Volksvertreter in der Krise diesen Deal derart vergolden ließ. Und das auch noch über die vom Steuerzahler für sein Mandat zur Verfügung gestellte Infrastruktur.

Reicht für einen Rücktritt meinen Sie? Nicht ganz. Herr Löbel hat angekündigt, Konsequenzen zu ziehen. Mit Konsequenzen ist das so eine Sache. Was eine Konsequenz ist, hängt immer auch ein bisschen vom persönlichen Standpunkt ab. Im Fall Löbel, der angekündigt hat ab jetzt fraktionslos noch bis zum 31.08.2021 im Bundestag zu sitzen, bedeuten Konsequenzen in Zahlen:

  • weitere 6 Monate die Abgeordnetendiät von 10.083,47 Euro erhalten
  • weitere 6 Monate die steuerfreie Aufwandspauschale von 4.560,59 Euro erhalten
  • 4 Monate Übergangsgeld nach dem Mandat in Höhe von 9541,74 Euro erhalten
  • 6 Monate weiterhin Zugriff auf die Bahncard 100 bekommen

Die Bahncard, die Altersentschädigung und weitere Mittel für Mitarbeiter:innen und Sachkosten mal außer Acht gelassen, kommen wir auf harte Konsequenzen in Höhe von 126.031,32 Euro abzüglich Steuern direkt auf Löbels Konto.

Stehen Ihnen auch schon die Tränen in den Augen? Keine Sorge. Es wird noch besser.

Dadurch dass Herr Löbel ja jetzt harte Konsequenzen gezogen hat, und nicht mehr Mitglied der Fraktion ist, bekommt er die oben genannte Summe sogar für weniger Arbeit. Ja richtig: weniger Arbeit.

Denn als Fraktionsloser und Konsequenzenzieher fallen folgende zeitraubende Tätigkeiten nicht mehr an:

  • Lange Fraktionssitzungen
  • Aufwendige Abstimmungen
  • Präsenzpflichten im Plenum
  • Vertretungsanfragen von Kolleg:innen
  • Sitzungen der Arbeitsgruppen zur Vorbereitung der Ausschüsse
  • Die Ausschusssitzungen und Anhörungen selber, denn aus dem Auswärtigen Ausschuss ist er ausgetreten – warum auch arbeiten?

Herr Löbel hat jetzt also viel mehr Zeit – zum Beispiel für Maskendeals. Harte Konsequenzen halt. Sein Austrittsdatum aus dem Deutschen Bundestag hat Löbel im Übrigen nicht ohne Grund erst auf den 31.08.2021 datiert: Er bekommt so ein zusätzliches Jahr bei der Altersentschädigung angerechnet.

Um im Ton etwas ernsthafter zu werden: Das ganze ist eine Katastrophe für die Demokratie und den Parlamentarismus. Der entstehende Schaden ist gar nicht zu bemessen. „Die Politik“ als solches kommt durch solche Skandale in Verruf. „Die haben doch alle Dreck am stecken“ hat jede:r von uns schonmal gehört. Dass dies für die überwiegende Mehrheit der Politiker:innen nicht zutrifft, gerät bei den CDU/CSU-Affären der letzten Tage in Vergessenheit.

Denn wir erinnern uns: Mit von der Partie im Spiel „Cash mit der Krise machen“ ist noch Georg Nüßlein, der ebenfalls gegen Geld Schutzmasken an den Staat vermittelt haben soll. Und dann wäre da in anderer Sache noch Axel Fischer, der gegen Geld etwas Nettes über Aserbaidschan gesagt haben soll. Diese, mit Löbel insgesamt drei, Fälle kamen in den letzten Tagen auf. Und das alles in einer Pandemie, im Lockdown, und während das Vertrauen in staatliche Institutionen durch das Impf- und Testversagen ohnehin sinkt.

Das ist gefährlich für unsere Demokratie.

Würde ich da auch so draufhauen, wenn Löbel einer von der SPD wäre? Ja. Absolut. Aus den eben genannten Gründen.

Von Henrik

Henrik ist 27 Jahre alt und hat Medienkommunikation und Journalismus in Hannover studiert. Von 2014 bis 2020 war er in verschiedenen Funktionen bei Abgeordneten im Niedersächsischen Landtag beschäftigt. Im Jahr 2020 zog er von seiner Heimat Wolfenbüttel nach Berlin und arbeitete im Deutschen Bundestag für eine SPD-Bundestagsabgeordnete. Aktuell ist er Pressereferent für Franziska Giffey bei der SPD Berlin. Neben Autos und Technik interessiert er sich vor allem für Innenpolitik und Wirtschaftspolitik.

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