Seit nunmehr 20 Jahren bin ich Sozialdemokratin. Vor genau 20 Jahren entschied ich mich parallel für den Dienst an der Waffe. Oft werde ich gefragt, ob diese Entwicklung in einem Zusammenhang stand. Vor 20 Jahren waren es eher zufällige Momente, heute sehe ich den Zusammenhang im Rückblick sehr deutlich. Sozialdemokratin in Uniform, das bedeutet Überzeugung, Ideale und vor allem Verantwortung zu leben. Sozialdemokratin in Uniform bedeutet aber ebenso, sich ein dickes Fell zuzulegen. Die aktuelle Debatte um die Bewaffnung der Heron (TP) Drohne steht aus meiner Perspektive symbolisch für die Haltung meiner SPD zu unserer Bundeswehr.
Die SPD und die Drohnen
Der Beschluss meiner Partei- und Fraktionsspitze, die für diese Legislaturperiode erwartete Entscheidung über die Bewaffnung von Drohnen nach Jahren der Diskussion dem nächsten Bundestag zu überlassen, hat mich getroffen. Ein schmerzlicher Stich mitten in mein Herz. Warum? Für mich bleibt der größtmögliche Schutz meiner Kameradinnen und Kameraden absolut alternativlos. Ich erinnere in diesen Tagen oft an das Karfreitagsgefecht mit getöteten und schwer verwundeten Kameraden. Diese Erfahrung hat sich tief in meine Soldatenseele eingebrannt. Ich war zu seiner Zeit selbst in Sorge um einen Kameraden und Freund. Bei der Beisetzung der Kameraden sind Tränen geflossen, der Schmerz bleibt. Für mich hat demnach der Schutz meiner Kameradinnen und Kameraden, der Schutz unserer Parlamentsarmee oberste Priorität im Einsatz. Darum bin ich für die Bewaffnung der Heron (TP).
Im Zuge dieser aktuellen Debatte sind die Reaktionen in meiner Partei auf meine Haltung sehr unterschiedlich und vielfältig – und das ist auch gut so. Sie zeigen mir vor allem, den regen Geist und das starke Interesse, hier verstärkt in den Diskurs zu gehen. In diesem Diskurs muss ich ebenso Meinungen aushalten können, die mir nicht gefallen, sie beleben die Debatte. Und so war und bin ich im Austausch mit abermals unterschiedlichsten Reaktionen. Einige dieser Rückmeldungen stimmen mich sehr nachdenklich. Sie zeigen mir, wie wichtig eine ernsthafte sicherheitspolitische Debatte in meiner Partei ist. Bei so mancher Äußerung mir gegenüber vernehme ich eine für mich nur schwer nachvollziehbare Ferne zu meinem Beruf. Oft geht es um Emotionen, Bauchgefühle und Argumente, die nichts mit der Realität des Soldatenberufs zu tun haben. Da besteht die Sorge um „autonome“ Kriegsführung und den so genannten Joystick, mit dem wir Soldatinnen und Soldaten, disloziert vom Einsatzort, entspannter töten könnten. Diese Argumentation ist maximal entfernt von der Sachebene und verdeutlicht einmal mehr, wie dringend wir aufklären müssen.
Die Debatte nimmt fahrt auf
In diesen Tagen melden sich aber in der Konsequenz dieser Debatte viele Genossinnen und Genossen sowie zahlreiche Jusos bei mir. Sie wollen mit mir ins Gespräch kommen, stützen meine Haltung und geben mir ein ausgesprochen positives Licht auf meine so lebendige SPD. Wir reden über meine Erfahrungen als eine der ersten Frauen im aktiven Dienst an der Waffe, wir reden über meine Höhen und Tiefen, wir reden über den täglichen Dienst mit meinen Kameradinnen und Kameraden, wir reden über Diversity in den Streitkräften.
Ich habe das Gefühl, es regt sich etwas. In der Partei kommt auf dem Feld der Sicherheitspolitik etwas in Bewegung. Genossinnen und Genossen in Uniform melden sich bei mir, zeigen Gesicht für unsere Sozialdemokratie. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten reden von nun an mehr über den Bundeswehr Alltag. Das ist wichtig! Denn vergessen wir eines nicht: Die Bundeswehr ist Arbeitgeberin. Für Soldatinnen und Soldaten und für zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ohne die Angehörigen der Bundeswehr, die im Rahmen der Amtshilfe auch an Wochenenden und Feiertagen gegen die Pandemie kämpfen, wären wir aufgeschmissen. Die Corona-Krise führt uns gerade in diesen Tagen den hohen Wert unserer Streitkräfte vor Augen. Viele Landkreise und Gesundheitsämter in der gesamten Bundesrepublik schätzen den Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten sehr. Was wären wir ohne sie.
Ein Thema für alle
Sicherheitspolitik geht uns, wie Gesundheitspolitik, alle an. Kinder, Familien, alte, wie junge Menschen, sie ist essentiell für unsere äußere und innere Sicherheit. Sie gehört zum Fundament unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung – Sicherheit und Freiheit sind zwei Seiten einer Medaille.
Hier war die Sozialdemokratie immer stark, sie muss und sollte es bleiben und es auch wieder mehr werden. Es sind Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die in den letzten Jahren die sicherheits- und verteidigungspolitischen Debatten geprägt haben, die Verantwortung getragen haben. Peter Struck ist einer davon: „Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird heute auch am Hindukusch verteidigt.“ Ein Satz, der aktuell geblieben ist. Die Entscheidung, über die Bewaffnung von Drohnen, dem nächsten Bundestag zu überlassen, gibt uns Zeit, über Sicherheitspolitik, Friedenspolitik und Verteidigungspolitik zu sprechen. Nicht nur mit einer interessierten Elite, nicht nur in Think-Tanks, sondern mit allen, die sich dafür interessieren. Ich will, dass meine Partei, die SPD, die stärkste Kraft bei der nächsten Bundestagswahl wird. Dafür trete ich an, als Soldatin.